Shoa

Montag, 8. Mai 2006

Befreiungsfeier Mauthausen

Gestern, Sonntag den 7.Mai, fand in der Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Mauthausen die Befreiungsfeier statt. Nach den pompösen Feierlichkeiten im „Gedankenjahr“ 2005 war das mediale Echo heuer im Vorfeld bei weitem nicht so groß wie letztes Jahr. Die „gedächtniskulturelle Normalität“ ist also wieder eingekehrt. Aber auch ohne Live-Übertragung im staatlichen Rundfunk war die Befreiungsfeier ein sehr schöner Staatsakt, der mich zum ersten Mal seit längerer Zeit wieder einmal nach Mauthausen geführt hat. Ergreifend war insbesondere die große Zahl an ehemaligen Häftlingen, die den erneuten Weg in die Stätte ihres Leidensweges nicht gescheut haben. Medienberichten zufolge besuchten zwischen 12.000 und 15.000 Menschen die Feierlichkeiten, Vertreter der Republik und zahlreicher anderer Staaten, Überlebende, Angehörige, Betroffene oder Besucher, die den freien Eintritt in die Gedenkstätte nutzten. Auch wenn die Geschichte der Gedenkstätte das ambivalente Verhältnis der Österreicher zu ihrer eigenen Vergangenheit zeigt, so wurde Mauthausen nach der Übergabe des Lagerkomplexes an die Republik zum Symbol für den nationalsozialistischen Terror in Österreich.

Obwohl das System der Nebenlager sehr weit über ganz Österreich verstreut war – wie ich bereits in meinem Bericht über das Nebenlager von Ebensee versucht habe darzulegen – blieb die Erinnerungskultur an die Shoa ganz fest an Mauthausen verhaftet. An Lager wie Gusen, Melk oder Ebensee erinnern nur mehr Reste oder kleine Gedenkstätten, die aber erst in den letzten Jahren ausgebaut wurden. Aber auch das Lager in Mauthausen wurde vielfach umgestaltet, sodass die damalige Struktur teilweise nur mehr schwer zu erkennen ist. Besonders bedauerlich ist meines Erachtens die Umgestaltung der „Todesstiege“, die vom Steinbruch hinauf zum Lager führt. Es scheint fast, als ob die touristische Erschließung mehr wiegt als das Erhalten der Zeugen des Terrors.

Obwohl die historische Forschung im Bereich der Opfer in den letzten Jahrzehnten sehr gute Fortschritte erzielen konnte, blieb bisher einer bedeutenden Opfergruppe die nötige Anerkennung verwehrt – Frauen. Obwohl Mauthausen ein Männerlager war, wurden zahlreiche Frauen (insbesondere aus dem KZ Ravensbrück) nach Mauthausen verschleppt und zur Prostitution gezwungen. Diesen weiblichen Häftlingen wurde heuer in besonderem Maße gedacht – ein wichtiger Schritt. Erfreulich wäre nun, wenn den Nebenlagern in naher Zukunft mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird und das nationale Shoa-Gedenken von Mauthausen auf andere Stätten des Grauens ausgedehnt werden würde.

copyright: Stephan Pumberger, 2006
Vor dem Eingangstor zum Lager

copyright: Stephan Pumberger, 2006
Die Innenseite der Lagermauer

copyright: Stephan Pumberger, 2006
Ein Zimmer im ehemaligen "Lagerbordell"

copyright: Stephan Pumberger, 2006
In einer Lagerbaracke

copyright: Stephan Pumberger, 2006
Italienische Opferverbände im Gedenkzug

copyright: Stephan Pumberger, 2006
Die "Todesstiege"

copyright: Stephan Pumberger, 2006
Blick in den Steinbruch

Links:
Parlamentskorrespondenz der Gedenksitzung im Nationalrat, 27.April 2006
"Mauthausen-Gedenken im Zeichen der weiblichen Häftlinge ", Der Standard, 28.April 2006
"Gedenken an weibliche Opfer", Die Presse, 7.Mai 2006
"Diskutieren 60 Jahre zu spät!", Die Presse, 8.Mai 2006
Programm der Befreiungsfeier

Samstag, 6. Mai 2006

Amoklauf gegen die Wirklichkeit* - die "Auschwitzlüge"

Wichtige geschichtliche Ereignisse haben im Laufe des zwanzigsten Jahrhunderts immer wieder eine ganze Reihe von Skeptikern und Verschwörungstheoretikern auf den Plan gerufen. Das geht vom Attentat auf John F. Kennedy, über die Mondlandung bis hin zu 9/11. Warum sollte es sich also mit dem Holocaust anders verhalten? Schließlich kann die Dimension der Grausamkeit und der Unmenschlichkeit den Einzelnen zuweilen schon einmal überfordern. Trotzdem ist das Leugnen und Verharmlosen der Verbrechen der NS-Zeit nicht das Werk einzelner Skeptiker, sondern wird vielmehr immer wieder von rechtsradikalen Gruppierungen herangezogen, um die Gräueltaten zu entschuldigen oder zu relativieren. Das alles geschieht mit dem Ziel der Rehabilitierung des „Dritten Reiches“.

Über viele Jahre hinweg wurden diese selbsternannten „Revisionisten“ von der fachwissenschaftlichen Welt ignoriert. Einerseits ist dies verständlich, schließlich ist die Widerlegung ihrer „Thesen“ mit dem umfassenden ausgewerteten Quellenmaterial zur NS-Zeit ziemlich leicht, teilweise reicht hierfür auch Mittelschulwissen. Durch das Ignorieren dieser „Thesen“ konnten die „Revisionisten“ allerdings über mehrere Jahre hindurch quasi ungehindert zum Thema publizieren und ihre Ansichten verbreiten. Die „Argumentationsweise“ ist dabei immer dieselbe: Vorgänge werden aus dem historischen Zusammenhang gerissen und hochstilisiert, einzelne Ungereimtheiten in den tausenden Zeugenaussagen werden herangezogen um das Gesamte in Frage zu stellen. An einer echten wissenschaftlichen Diskussion ist man freilich nie interessiert.

Da mein Blog immer bemüht ist auch den Aspekt „neue Medien“ mit zu berücksichtigen, muss an dieser Stelle besonders darauf hingewiesen werden, dass das Internet bis heute das ideale Medium ist um sich neonazistisch zu präsentieren. Obwohl der Tatbestand der Wiederbetätigung längst auf das Internet ausgedehnt wurde, ist es kein Problem sich bequem von zu Hause aus mit Apologien der „Auschwitzlüge“ zu versorgen. Es ist müßig zu erwähnen, dass gerade auch in Österreich gewisse Teile dieser „revisionistischen“ Thesen immer wieder in der Öffentlichkeit auftauchen, teilweise sogar mit beunruhigendem medialen Echo. Insbesondere die These von einem „gerechten Verteidigungskrieg“ gegen die Sowjetunion ist immer wieder zu vernehmen, in besonders unappetitlichen Fällen kann das sogar bis zur Leugnung von Gaskammern gehen. Bei den selbstverständlich folgenden Prozessen wird dann meist feige versucht sich herauszuwinden, wie der jüngste Fall gegen John Gudenus zeigt, der nun seiner gerechten Strafe entgegen tritt.

Beunruhigend ist, wie ich finde, allerdings nicht nur die offenbar unverbesserlichen Ewig-Gestrigen, sondern vor allem dass diesen Personen in der Öffentlichkeit oftmals viel Raum gelassen wird. In zahlreichen Fällen muss man sogar feststellen, dass viele den rechten „Thesen“ nur wenig bis gar nichts entgegenzusetzen haben, ein wahrhaft unerträglicher Zustand. Besonders zu empfehlen ist deshalb eine Publikation des DÖW, die Schritt für Schritt die „Argumente“ der „revisionistischen“ Propaganda aufgreift, und widerlegt. Für jeden Geschichtsstudenten – auch wenn man primär nicht an Zeitgeschichte interessiert ist – wäre diese Lektüre auf jeden Fall zu empfehlen.

*Das Zitat "Amoklauf gegen die Wirklichkeit" stammt vom Müncher Historiker Martin Broszat.

Literaturtipp:
Bailer Brigitte, Benz Wolfgang, Neugebauer Wolfgang (Hgs.), Wahrheit und "Auschwitzlüge". Zur Bekämpfung "revisionistischer" Propaganda, Wien 1995

Links:
Dossier zur "Causa Gudenus" auf derstandard.at

Freitag, 5. Mai 2006

Ein Glasfenster in der Votivkirche

Das Wochenende naht, und ich habe die Zeit genutzt um mich wieder einmal etwas in Wien umzusehen. Unter anderem war diesmal die Votivkirche dran, die zwar direkt gegenüber der Universität steht, von mir aber bislang noch nicht besucht wurde. Ich weiß, das spricht nicht unbedingt für mich, aber sei’s drum…

Auf jeden Fall fiel mir beim Rundgang ein Glasfenster auf der linken Seite auf, das die „Todesstiege“ in Mauthausen in die christliche Passionsgeschichte einbaut. Neben Häftlingen wird auch Christus mit seinem Kreuz auf der Stiege hinauf getrieben. Die Bäume links und rechts der Stiege symbolisieren wohl Ölbäume. Interessant ist jedoch, dass die Häftlinge allesamt ein rotes Dreieck als Zeichen der politisch Verfolgten tragen. Dies ist zwar vielleicht verständlich, denn das Fenster wurde von der "ÖVP Kameradschaft der politisch Verfolgten" gestiftet, die jüdischen Opfer werden in dem Fenster allerdings nicht dargestellt.

Die Homepage der Votivkirche wurde zwar auf Grund des 125-jährigen Jubiläums neu gestaltet, Informationen zu den Glasfenstern findet man dort allerdings nicht. Also liebe Leser, nützt zum Beispiel eine kurze Pause zwischen zwei Lehrveranstaltungen und seht es euch am besten selbst an!

copyright: Stephan Pumberger, 2006
Glasfenster in der Votivkirche

Literaturtipp:
Klein Erich, Denkwürdiges Wien, Wien 2004, S.29f.

Links:
http://www.votivkirche.at/

Donnerstag, 4. Mai 2006

Claude Lanzmann "Shoah", 1985

Es existieren zahlreiche Filme zum Thema Holocaust, viele davon sind sehenswert. Störend bei einigen empfinde ich jedoch, dass im Verlauf der meist relativ kurzen Dokumentationen eine Art dramaturgischer Faden gesponnen wird, der in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit, ein bestimmtes Bild zeichnen möchte. Dies mag zwar verständlich sein, schließlich verlangt das Publikum nach klaren, wenn auch schockierenden Antworten. Dokumentationen von Guido Knopp beispielsweise bieten diese auch. Wendet man sich aber nun als Studierender oder Forscher an dieses Bildmateria,l so ist dies meistens wenig ergibig.

Ein Dokumentarfilm über die Shoa der mit dieser Linie bricht und deshalb meines Erachtens besonders empfehlenswert ist, wäre „Shoah“ des französischen Filmemachers Claude Lanzmann aus dem Jahre 1985. In dieser vierteiligen, insgesamt über neun Stunden dauernden Dokumentation verzichtet Lanzmann zur Gänze auf Horrorbilder. Er versucht nicht dem Zuseher eine triviale, moralisierende Geschichte vorzusetzen, sondern versucht das Unfassbare aus der Gegenwart zu erklären. Zahlreiche Überlebende, Augenzeugen sowie Täter kommen zu Wort und erzählen ihre Erlebnisse. Die Nüchternheit der Darstellung, und die „Normalität“ des Mordens sind dabei besonders erschütternd.

Um den Film drehen zu können begibt sich Lanzemann über mehrere Jahre auf die Suche nach Interviewpartnern und bereist das südliche Polen. Immer wieder führt er seine Interviewpartner an die Stätten der Konzentrationslager, immer wieder kommen Gleisanlagen und Verladerampen ins Bild. Besonders interessant ist auch ein Interview mit einem KZ-Aufseher in Chelmno (am Ende des ersten Teiles). Dieses Interview wird nur flimmernd und in schwarz/weiß gezeigt. Für mich persönlich wird dem „sich herausreden“ des Wärters damit ein visuelles Pendant gegenüber gestellt. Im Gegensatz zu zahlreichen anderen Holocaust-Dokumentationsfilmen liegt der Horror des Gezeigten nicht in dem was man sieht, sondern in dem was man hört. Ein absolut empfehlenswerter Film, den es übrigens auch in der Fachbereichsbibliothek Zeitgeschichte zu entlehnen gibt.

Literaturtipp:
Lanzmann Claude, Shoa, Düsseldorf 1986 (mit einem Vorwort von Simone de Beauvoir)

Links:
Artikel im Guardian
Beitrag auf der Seite von CNDP
Beitrag auf Frenchculture.org
Beitrag auf Mediaculture Online

Mittwoch, 3. Mai 2006

Besuch in der KZ-Gedenkstätte Ebensee

Heute war ich – wie bereits angekündigt – in der KZ-Gedenkstätte des Mauthausener Nebenlagers in Ebensee, Oberösterreich. Ende 1943 beschloss die SS Teile des Rüstungskomplexes Peenemünde ins Salzkammergut zu verlegen, um dort alliierten Bombardierungen zu entgehen. Die Ziele der Nazis erwiesen sich aber im Laufe des Jahres 1944 als illusorisch, sodass Pläne Raketen in Ebensee herzustellen fallengelassen wurden. Die weit verzweigten Stollensysteme, die die Häftlinge unter grausamen Bedingungen errichten mussten, wurden schließlich für eine Ölraffinerie und die Steyr-Daimler-Puch AG benutzt. Vor allem in den letzten Kriegsmonaten verschlechterten sich die Bedingungen im Lager zusehends. Da Ebensee als eines der letzten KZs befreit wurde, verlagerte die SS tausende Häftlinge von anderen Nebenlagern – insbesondere Melk – ins Salzkammergut.Der Versuch des Kommandanten Anton Ganz die verbliebenen Häftlinge direkt vor Ende des Krieges in die Stollen zu jagen und dort lebendig zu begraben misslang. Bei der Befreiung am 6.Mai 1945 befanden sich 18.000 Häftlinge im Lager, großteils in völlig entkräftetem und halbtotem Zustand. Von insgesamt 27.000 nach Ebensee deportierten Männern starben mehr als 8.500.

Da das gesamte Lager in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg bis 1948 zur Gänze abgerissen wurde, sind die Spuren auf den ersten Blick nur mehr schwer aufzuspüren. Der Großteil des Komplexes wurde in Bauland umgewidmet. Das steinerne Eingangstor blieb zwar erhalten, markiert mittlerweile jedoch nur mehr die Einfahrt in eine Wohnsiedlung. An der Westseite erinnert jedoch ein schön gestalteter Friedhof, der an der Stelle eines Massengrabes errichtet wurde, an die Opfer. Sehr deutlich wird ersichtlich, dass sich die Shoa-Erinnerungskultur in Österreich über mehrere Jahrzehnte beinahe ausschließlich auf Mauthausen konzentrierte, und nur wenig Interesse an anderen Gedenkstätten bestand.

In den letzten Jahren ist es aber auch in Ebensee zu einem Umdenken gekommen. So wurde 2001 ein meiner Meinung nach sehr gelungenes Zeitgeschichte-Museum eröffnet, das die Geschichte der Region von 1918-1955 im gesamtösterreichischen Kontext, sowie die Geschichte des Konzentrationslagers präsentiert. Ebenso ist eine Stollenanlage zugänglich, die eine Ausstellung über das Lager präsentiert. Zusätzlich wurde ein Teil des Weges, auf dem die Häftlinge vom Lager in die Stollenanlage getrieben wurden –dem so genannten „Löwengang“ – teilweise restauriert.

Die Exkursion heute war eine sehr positive Erfahrung für mich. Es ist äußerst wichtig darauf hinzuweisen, wie weit verbreitet das System der Konzentrationslager war, und in welch unmittelbarer Nähe der zivilen Bevölkerung sich die Gräueltaten abspielten. Etwas zu kurz in der Gedenkstätte sowie im Museum kommen meiner Ansicht nach die Täter, sowie die „bystanders“. Darauf angesprochen meinte der Leiter des Museums, Dr.Quatember, dass sich die Forschung auf diese Bereiche nun verschärft konzentriere. Dies wäre ein richtiger Schritt um die positive Entwicklung der letzten Jahre fortzusetzen.


copyright: Stephan Pumberger, 2006
Die KZ-Gedenkstätte in Ebensee

copyright: Stephan Pumberger, 2006
Altar auf der Gedenkstätte

copyright: Stephan Pumberger, 2006
Das Zeitgeschichtemuseum

copyright: Stephan Pumberger, 2006
Im Zeitgeschichtemuseum

copyright: Stephan Pumberger, 2006
Vor dem Eingang zum Stollen 5 der Anlage B

copyright: Stephan Pumberger, 2006
Im Stollen 5, B

copyright: Stephan Pumberger, 2006
Der "Löwengang"

Links:
Zeitgeschichte Museum Ebensee
Informationen und ein Video zum Nebenlager: Bitte auf "Ebensee" klicken

Dienstag, 2. Mai 2006

Die Shoa im Internet

Informationen über die Shoa findet man im World Wide Web in schier unüberschaubarer Vielzahl. Da dieses Thema weit über die rein fachwissenschaftliche Welt hinaus interessiert, gibt es auch zahlreiche populärwissenschaftliche Angebote, die vermutlich für einen geschichtswissenschaftlichen Zugang zu diesem komplexen Themenbereich eher wenig geeignet ist. Darüber hinaus existieren aber viele Seiten auf einem sehr hohen Niveau, bei denen sich ein Besuch auf jeden Fall lohnt. Drei davon möchte ich in diesem Artikel vorstellen.

Shoa.de

Ein Internetportal, das sich vor allem deutschen Aspekten widmet, ist shoa.de. 1996 aus einer Bürgerinitiative entstanden, widmet sich diese Webseite der Shoa, dem „Dritten Reich“ und dem zweiten Weltkrieg. Bei allen Artikeln ist der Autor klar gekennzeichnet, es besteht auch eine Kontaktmöglichkeit. Besonders gut gefallen mir Literaturtipps am Ende vieler Artikel. Wolfram Dornik hat in einer Rezension der Seite auf H-Soz-u-Kult eine fachliche Ungenauigkeit in Bezug auf den „Austrofaschismus“ festgestellt, lobt aber die ansonsten sehr detaillierte und differenzierte Arbeit der Mitarbeiter. Ich kann mich dieser positiven Kritik nur anschließen.

United States Holocaust Memorial Museum

Es gibt nur wenige Themen der europäischen Geschichte, für die sich US-Amerikaner in gleichem Maße interessieren wie für die Shoa. Dementsprechend groß ist auch das Internetangebot dazu. Sehr informativ und übersichtlich gestaltet ist hier http://www.ushmm.org/, die Webseite des United States Holocaust Memorial Museum in Washington DC. Neben Informationen zum Museum selbst bietet die Seite unter dem Punkt „History“ Darstellungen von Einzelschicksalen sowie zahlreiche Karten. Besonders gelungen finde ich jedoch den Punkt „collection & archive“ unter der Rubrik „The Museum“, wo der Besucher Zugang zu einer breiten Datenbank mit Materialien bekommt, die von Photos bis zu Zeitzeugeninterviews reicht.

Yad Vashem

Nicht zu vergessen sind natürlich das Museum und die Gedenkanlage in Yad Vashem, Jerusalem, das bereits seit 1953 besteht. Das englische Internetangebot dazu ist mit Sicherheit eines der vielfältigsten und besten. Neben der berührenden Hall of Names, die die bisher bekannten Namen der Opfer auflistet, und einer sehr umfangreichen Bibliographie ist besonders die Rubrik „The Archive Collection“ zu empfehlen. Darunter findet man laut Angabe auf der Homepage, die weltweit größte Sammlung an Dokumenten zur Shoa. Unter anderem sind zahlreiche Photos in mehreren Online-Ausstellungen zu sehen. Diese Seite ist ebenfalls absolut zu empfehlen.

Am Ende dieses Beitrages darf jedoch nicht vergessen werden, dass das Internet gerade beim Thema Shoa auch sehr stark missbraucht wird. Die scheinbare unumschränkte, unregulierbare Ausdrucksfreiheit im Web wird nicht selten von antisemitischen und neonazistischen Gruppierungen zur Verbreitung ihrer Thesen benutzt. Umso wichtiger sind die engagierten Internetauftritte, die ich in diesem Beitrag vorgestellt habe, um einen massiven Kontrapunkt gegen die kursierende Propaganda zu setzen.

Links:
shoa.de
United States Holocaust Memorial Museum
Yad Vashem

Montag, 1. Mai 2006

Shoa und europäische Erinnerungskultur

Prof. Schmale erwähnte in unserer letzten Sitzung im Zuge der Präsentation der historischen Webseite pastperfect.at beiläufig die Problematik einer europäischen Erinnerungskultur, die als Basis eines transnationalen, kollektiven Bewusstseins dienen könnte. Aber gibt es denn tatsächlich eine europäische Erinnerungskultur? Und im Hinblick auf den aktuellen Themenschwerpunkt auf Pumbergers Blog: welche Rolle spielt der Ort "Shoa" in diesem Prozess?

Zweifellos bemühte sich jedes europäische Land nach 1945 zuallererst einen nationalen (Gründungs-)Mythen zu kultivieren, der grob gesprochen davon ausging, dass das eigene Land unverschuldet als Opfer der Hitler-Agression angesehen werden solle und die Shoa somit ein rein deutsches Problem sei. Im Laufe der Jahrzehnte, insbesondere nach 1989 wie es scheint, wurde aber Auschwitz – als Synonym für die gesamte Shoa – zum Inbegriff für Tyrannei, zum „Zivilisationsbruch“, der alle europäischen Länder betrifft. Einer der Grundpfeiler der Europäischen Union sind die Menschenrechte sowie die Demokratie. Auschwitz steht diesen Werten diametral gegenüber. Vereint in der Überzeugung des „plus jamais ça“ ist Auschwitz zu einem negativen Gründungsmythos für Europa und darüber hinaus geworden (vergleiche die UNO Resolution der Generalversammlung „Gedenken an den Holocaust“).

Jedoch muss man seit der Wende zu Beginn der 90er Jahre eine breitere Dimension in der europäischen Erinnerungskultur mit berücksichtigen. In Osteuropa* steht nicht Auschwitz im Vordergrund, sondern vielmehr die für diese Länder traumatischen Erlebnisse der sowjetischen Besatzung. In vielen Ländern Osteuropas, wie es scheint insbesondere im Baltikum, sind die Erfahrungen der Zeit von August 1939 bis 1989/91 einer der bedeutendsten Ausrichtungspunkte der politischen Kultur. Im „Museum of Lithuania“ in Vilnius beispielsweise wird offen von „genocide“ (also Völkermord) an der litauischen Bevölkerung gesprochen. Die lettische Präsidentin Freiberga ging bei ihren Wortmeldungen bei der „Sound of Europe“ Konferenz Ende Jänner in Salzburg ganz klar auf den negativen Bezugspunk „sowjetische Besatzung“ ein.

Neben offiziellen Erinnerungsfeiern und Statements auf höchster staatlicher Ebene, wird eine europäische Erinnerungskultur allerdings ebenso durch die gesellschaftliche Praxis des Erinnerns geprägt. Hier lässt sich feststellen, dass man großteils noch immer an einer nationalen Erinnerung festhält, die nur selten über den eigenen Tellerrand hinausblickt. Zwar wurden in den letzten Jahren in beinahe allen Großstädten Shoa-Gedenkstätten errichtet, jedoch wird dem Gedenken an die sowjetische Besatzung noch relativ wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Dies wäre jedoch besonders wünschenswert, schließlich sollte man versuchen der Realität der Erinnerungskultur in den osteuropäischen Staaten Rechnung zu tragen, um in der Balance zwischen "Holocaust-Gedenken" und "Gulag-Gedenken" ein gemeinsames kollektives Gedächtnis schaffen zu können. Am 4.November jährt sich übrigens heuer die Niederschlagung des Ungarn-Aufstandes zum 50.Mal…

* In diesem Artikel wird die geographische Bezeichnung „Osteuropa“ im Bewusstsein der Ungenauigkeit des Begriffs und nur aus Gründen der Einfachheit, für alle europäischen Länder des sowjetischen Einflussbereiches verwendet.

Links:
Resolution der UNO Generalversammlung "Gedenken an den Holocaust" (pdf-Datei)
Seite zur Internationalen Konferenz "Overlapping Histories - Conflicting Memories"
Genocide's Victims Museum, Vilnius
Protokoll der Abschlussdebatte zur Sound of Europe Konferenz in Salzburg, 28.Jänner 2006 (pdf-Datei)
(Präsidentin Freiberga: S.7, S.16, S.24)

Sonntag, 30. April 2006

Themenschwerpunkt Shoa auf Pumbergers Blog

Am 5.Mai 1945 wurde das Konzentrationslager Mauthausen von amerikanischen Truppen befreit. Aus Anlass des 61.Jahrestages der Befreiung widmet sich Pumbergers Blog in der Woche vom 1. bis einschließlich 7.Mai der Shoa und dem Gedenken daran aus einer österreichischen und europäischen Perspektive.

Im Zuge dieses Themeschwerpunktes auf diesem Blog werden Überlegungen zur Erinnerungskultur, Präsentationen von einer Webseite und eines Dokumentarfilmes veröffentlicht. Ebenso werde ich meinen Lesern Berichte von zwei Exkursionen anbieten, die ich in dieser Woche absolvieren darf:
Zum einen werde ich am Mittwoch, 3.Mai, die Gedenkstätte des Mauthausener Nebenlagers in Ebensee besuchen. Zum anderen werde ich Sonntag, 7.Mai nach Mauthausen zur Befreiungsfeier fahren, das heuer das Thema "Frauengedenken" ins Blickfeld rückt.

Da in den letzten Wochen gerade in Österreich immer wieder Holocaust-Leugner im Mittelpunkt des medialen Interesses gelegen sind, wird sich ein Beitrag auch mit der "Auschwitzlüge" beschäftigen.

Pumbergers Blog will dadurch einen kleinen, bescheidenen Beitrag zur Erinnerung leisten. Denn nur wenn wir uns aktiv erinnern, können wir die Opfer gebührend ehren. Nur dann können wir die stete Warnung vor den Gefahren von Hass und Intoleranz vernehmen und aktiv gegen gegenwärtige Genozide oder Demozide (Rudolph J. Rummel) auftreten.

Pumbergers Blog

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Geschiten besser
ich fande es vorher auch viel besser.
HGH und Daniel (Gast) - Sa, 27. Okt, 00:29
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Auch ich habe in diesem Weblog regelmäßig mitgelesen...
Christa (Gast) - Do, 10. Aug, 23:53
Kommentar Schmale
Lieber Herr Pumberger, Ihre Weblogs wurden gelesen,...
Schmale - Di, 1. Aug, 16:15
das erste kommentar für...
na klar hab ich bei den anderen weblogs mitgelesen....
LaFlaca (Gast) - Di, 1. Aug, 10:54
Kommentar zur Variante...
Der letzte Beitrag muss sich natürlich mit der Vorlesung...
stephan.pumberger - So, 30. Jul, 23:23

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