Montag, 8. Mai 2006

Befreiungsfeier Mauthausen

Gestern, Sonntag den 7.Mai, fand in der Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Mauthausen die Befreiungsfeier statt. Nach den pompösen Feierlichkeiten im „Gedankenjahr“ 2005 war das mediale Echo heuer im Vorfeld bei weitem nicht so groß wie letztes Jahr. Die „gedächtniskulturelle Normalität“ ist also wieder eingekehrt. Aber auch ohne Live-Übertragung im staatlichen Rundfunk war die Befreiungsfeier ein sehr schöner Staatsakt, der mich zum ersten Mal seit längerer Zeit wieder einmal nach Mauthausen geführt hat. Ergreifend war insbesondere die große Zahl an ehemaligen Häftlingen, die den erneuten Weg in die Stätte ihres Leidensweges nicht gescheut haben. Medienberichten zufolge besuchten zwischen 12.000 und 15.000 Menschen die Feierlichkeiten, Vertreter der Republik und zahlreicher anderer Staaten, Überlebende, Angehörige, Betroffene oder Besucher, die den freien Eintritt in die Gedenkstätte nutzten. Auch wenn die Geschichte der Gedenkstätte das ambivalente Verhältnis der Österreicher zu ihrer eigenen Vergangenheit zeigt, so wurde Mauthausen nach der Übergabe des Lagerkomplexes an die Republik zum Symbol für den nationalsozialistischen Terror in Österreich.

Obwohl das System der Nebenlager sehr weit über ganz Österreich verstreut war – wie ich bereits in meinem Bericht über das Nebenlager von Ebensee versucht habe darzulegen – blieb die Erinnerungskultur an die Shoa ganz fest an Mauthausen verhaftet. An Lager wie Gusen, Melk oder Ebensee erinnern nur mehr Reste oder kleine Gedenkstätten, die aber erst in den letzten Jahren ausgebaut wurden. Aber auch das Lager in Mauthausen wurde vielfach umgestaltet, sodass die damalige Struktur teilweise nur mehr schwer zu erkennen ist. Besonders bedauerlich ist meines Erachtens die Umgestaltung der „Todesstiege“, die vom Steinbruch hinauf zum Lager führt. Es scheint fast, als ob die touristische Erschließung mehr wiegt als das Erhalten der Zeugen des Terrors.

Obwohl die historische Forschung im Bereich der Opfer in den letzten Jahrzehnten sehr gute Fortschritte erzielen konnte, blieb bisher einer bedeutenden Opfergruppe die nötige Anerkennung verwehrt – Frauen. Obwohl Mauthausen ein Männerlager war, wurden zahlreiche Frauen (insbesondere aus dem KZ Ravensbrück) nach Mauthausen verschleppt und zur Prostitution gezwungen. Diesen weiblichen Häftlingen wurde heuer in besonderem Maße gedacht – ein wichtiger Schritt. Erfreulich wäre nun, wenn den Nebenlagern in naher Zukunft mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird und das nationale Shoa-Gedenken von Mauthausen auf andere Stätten des Grauens ausgedehnt werden würde.

copyright: Stephan Pumberger, 2006
Vor dem Eingangstor zum Lager

copyright: Stephan Pumberger, 2006
Die Innenseite der Lagermauer

copyright: Stephan Pumberger, 2006
Ein Zimmer im ehemaligen "Lagerbordell"

copyright: Stephan Pumberger, 2006
In einer Lagerbaracke

copyright: Stephan Pumberger, 2006
Italienische Opferverbände im Gedenkzug

copyright: Stephan Pumberger, 2006
Die "Todesstiege"

copyright: Stephan Pumberger, 2006
Blick in den Steinbruch

Links:
Parlamentskorrespondenz der Gedenksitzung im Nationalrat, 27.April 2006
"Mauthausen-Gedenken im Zeichen der weiblichen Häftlinge ", Der Standard, 28.April 2006
"Gedenken an weibliche Opfer", Die Presse, 7.Mai 2006
"Diskutieren 60 Jahre zu spät!", Die Presse, 8.Mai 2006
Programm der Befreiungsfeier

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Pumbergers Beiträge

Geschiten besser
ich fande es vorher auch viel besser.
HGH und Daniel (Gast) - Sa, 27. Okt, 00:29
Noch ein Kommentar für...
Auch ich habe in diesem Weblog regelmäßig mitgelesen...
Christa (Gast) - Do, 10. Aug, 23:53
Kommentar Schmale
Lieber Herr Pumberger, Ihre Weblogs wurden gelesen,...
Schmale - Di, 1. Aug, 16:15
das erste kommentar für...
na klar hab ich bei den anderen weblogs mitgelesen....
LaFlaca (Gast) - Di, 1. Aug, 10:54
Kommentar zur Variante...
Der letzte Beitrag muss sich natürlich mit der Vorlesung...
stephan.pumberger - So, 30. Jul, 23:23

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