Frankreich

Mittwoch, 5. April 2006

Aufregung um den CPE in Frankreich

Ich bin gerade auf einige interessante Einträge über die derzeitigen Unruhen in Frankreich auf dem Weblog von Anton Tantner gestoßen. Die Argumente erinnern stark an Attac oder an die protestierenden Gewerkschaften, sprich der CPE ist „neoliberal“, Punkt. Ich frage mich jedoch woher diese Unterstützung für das durchaus mehr als undurchschaubare und unflexible französische Arbeitsrecht kommt (ich spreche aus eigener Erfahrung), das sich in den letzten Jahren mehr als unfähig erwiesen hat die Arbeitslosigkeit (insb. die Jugendarbeitslosigkeit) in den Griff zu bekommen.

Die Gesetzesinitiative zur Lockerung des Kündigungsschutzes für junge Arbeitnehmer und somit zu einer Neuregelung des Contrat Première Embauche kommt ja nicht ohne Grund. Die derzeitigen Bestimmungen in Frankreich gehören neben denen in Belgien, Finnland und Italien zu den schärfsten in Europa. Nicht ganz zufällig findet man in eben diesen Ländern die höchste Jugendarbeitslosigkeit in der EU-15 (Frankreich: 22,3%, 2005, Quelle: Eurostat).

Was nützt da schon die theoretische Möglichkeit in ein quasi unkündbares Arbeitsverhältnis eintreten zu können, wenn sich gleichzeitig kein Arbeitgeber mehr findet dieses Risiko einzugehen? Handlungsbedarf ist deshalb dringend angesagt. Ich denke, da sind wir uns alle einig. Und schenkt man den Berichten der OECD, des IWF oder der EU-Kommission Glauben, so liegt in der Flexibilisierung des Arbeitsmarktes ein Schlüssel. Dänemark und die Niederlande sind die beiden Staaten der EU, die die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit aufweisen. In beiden Fällen wurde der Kündigungsschutz entweder gänzlich abgeschafft (Dänemark) oder sehr stark aufgeweicht (In den Niederlanden erhält man erst nach 18 Monaten Beschäftigung Kündigungsschutz).

Die diffusen Ängste vor Kündigungswellen, wie sie derzeit unter den französischen Jugendlichen kursieren, lassen sich also durch keine empirischen Daten und Analysen begründen. Natürlich darf eine simple Neuregelung nicht die einzige Initiative bleiben, aber es wäre ein erster Schritt wieder mehr Anreize für Arbeitgeber zu geben, Jugendliche anzustellen.

Die Sprecher der Jugendorganisationen in Frankreich, ebenso wie die zahlreichen Kommentatoren in der internationalen Presse (auch Anton Tantner) bleiben eine Antwort auf die Frage schuldig, warum gerade dieses starre System, das eine Rekordarbeitslosigkeit verursachte, die Misere am Arbeitsmarkt in irgend einer Art und Weise bessern und neue Perspektiven für die Jugend schaffen könnte.

Links:
Beitrag 1 bei A.Tantner
Beitrag 2 bei A.Tantner
Beitrag 3 bei A.Tantner
Beitrag 4 bei A.Tantner
Dossier auf labournet.de
Dossier auf leMonde
"Die neoliberale Verschwörung" auf leMonde diplo

Dienstag, 21. März 2006

Die Anfänge der dritten französischen Republik 1870/71

In der französischen Geschichtsschreibung sowie in der breiten Öffentlichkeit wird die Epoche von 1880 bis 1914 als „Belle Epoque“ bezeichnet. Obwohl hier Mythisierung und Verklärung eine entscheidende Rolle spielen, kann nicht von der Hand gewiesen werden, dass sich in diesem Zeitraum zum ersten Mal in der französischen Geschichte eine stabile demokratische Ordnung etablierte. Und das, obwohl in der Entstehungsphase der dritten französischen Republik (1870-1940) die Monarchisten im Parlament in der Mehrzahl waren. Gängigen Meinungen zufolge, war eine republikanische Staatsform nur in kleinen Staaten möglich. Umso mehr verwundert es, dass sich in dem Jahrzehnt nach der Niederlage im Deutsch-Französischen Krieg und der Abdankung Napoleons III. eine breite Zustimmung zu einer demokratischen Regierung entwickelte.

Hauptverantwortlich dafür war wohl, dass die Monarchisten untereinander stark zersplittert waren, und somit eine rasche Rückkehr zur Monarchie nach 1870 verhindert wurde. Zum einen war hier die Gruppe der Legitimisten, die die seit 1830 entmachteten Bourbonen wieder einsetzen wollten. Die Orleanisten hingegen optierten für die Rückkehr zum Haus Orleans, die seit 1848 vergeblich auf den Königsthron warteten. Die dritte Gruppe der Monarchisten waren schließlich die Bonapartisten, die eine Rückkehr Napoleons III. als Kaiser wünschten. Durch diese komplexe Situation gelang es keiner der drei Gruppen eine monarchische Struktur wiederherzustellen.

Vielmehr ergab sich eine republikanische Interimsregierung unter Adolphe Thiers, die die Staatsgeschäfte bis zu einer endgültigen Entscheidung führen sollte. Thiers’ konservative Grundhaltung, die zum Beispiel eine Verlegung des Regierungssitzes von Paris nach Versailles vorsah, wurde aber insbesondere von der Linken als harte Provokation angesehen. Vor allem in Paris sammelten sich die Gegner Thiers und probten im März 1871 den Aufstand. Bis Mai musste die so genannte „Pariser Kommune“ schwere Verluste einstecken, die in der „semaine sanglante“ (blutige Woche) mit der Erschießung der Anführer der Kommune im Pariser Friedhof Père Lachaise ihren traurigen Höhepunkt fand. Die konservativen Republikaner um Thiers konnten sich also durchsetzen. Jedoch war die Republik Mitte des Jahres 1871 noch keineswegs unumstritten, besaßen die drei monarchistischen Gruppen doch noch die 2/3-Mehrheit im Parlament.

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Geschiten besser
ich fande es vorher auch viel besser.
HGH und Daniel (Gast) - Sa, 27. Okt, 00:29
Noch ein Kommentar für...
Auch ich habe in diesem Weblog regelmäßig mitgelesen...
Christa (Gast) - Do, 10. Aug, 23:53
Kommentar Schmale
Lieber Herr Pumberger, Ihre Weblogs wurden gelesen,...
Schmale - Di, 1. Aug, 16:15
das erste kommentar für...
na klar hab ich bei den anderen weblogs mitgelesen....
LaFlaca (Gast) - Di, 1. Aug, 10:54
Kommentar zur Variante...
Der letzte Beitrag muss sich natürlich mit der Vorlesung...
stephan.pumberger - So, 30. Jul, 23:23

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