Mittwoch, 3. Mai 2006

Besuch in der KZ-Gedenkstätte Ebensee

Heute war ich – wie bereits angekündigt – in der KZ-Gedenkstätte des Mauthausener Nebenlagers in Ebensee, Oberösterreich. Ende 1943 beschloss die SS Teile des Rüstungskomplexes Peenemünde ins Salzkammergut zu verlegen, um dort alliierten Bombardierungen zu entgehen. Die Ziele der Nazis erwiesen sich aber im Laufe des Jahres 1944 als illusorisch, sodass Pläne Raketen in Ebensee herzustellen fallengelassen wurden. Die weit verzweigten Stollensysteme, die die Häftlinge unter grausamen Bedingungen errichten mussten, wurden schließlich für eine Ölraffinerie und die Steyr-Daimler-Puch AG benutzt. Vor allem in den letzten Kriegsmonaten verschlechterten sich die Bedingungen im Lager zusehends. Da Ebensee als eines der letzten KZs befreit wurde, verlagerte die SS tausende Häftlinge von anderen Nebenlagern – insbesondere Melk – ins Salzkammergut.Der Versuch des Kommandanten Anton Ganz die verbliebenen Häftlinge direkt vor Ende des Krieges in die Stollen zu jagen und dort lebendig zu begraben misslang. Bei der Befreiung am 6.Mai 1945 befanden sich 18.000 Häftlinge im Lager, großteils in völlig entkräftetem und halbtotem Zustand. Von insgesamt 27.000 nach Ebensee deportierten Männern starben mehr als 8.500.

Da das gesamte Lager in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg bis 1948 zur Gänze abgerissen wurde, sind die Spuren auf den ersten Blick nur mehr schwer aufzuspüren. Der Großteil des Komplexes wurde in Bauland umgewidmet. Das steinerne Eingangstor blieb zwar erhalten, markiert mittlerweile jedoch nur mehr die Einfahrt in eine Wohnsiedlung. An der Westseite erinnert jedoch ein schön gestalteter Friedhof, der an der Stelle eines Massengrabes errichtet wurde, an die Opfer. Sehr deutlich wird ersichtlich, dass sich die Shoa-Erinnerungskultur in Österreich über mehrere Jahrzehnte beinahe ausschließlich auf Mauthausen konzentrierte, und nur wenig Interesse an anderen Gedenkstätten bestand.

In den letzten Jahren ist es aber auch in Ebensee zu einem Umdenken gekommen. So wurde 2001 ein meiner Meinung nach sehr gelungenes Zeitgeschichte-Museum eröffnet, das die Geschichte der Region von 1918-1955 im gesamtösterreichischen Kontext, sowie die Geschichte des Konzentrationslagers präsentiert. Ebenso ist eine Stollenanlage zugänglich, die eine Ausstellung über das Lager präsentiert. Zusätzlich wurde ein Teil des Weges, auf dem die Häftlinge vom Lager in die Stollenanlage getrieben wurden –dem so genannten „Löwengang“ – teilweise restauriert.

Die Exkursion heute war eine sehr positive Erfahrung für mich. Es ist äußerst wichtig darauf hinzuweisen, wie weit verbreitet das System der Konzentrationslager war, und in welch unmittelbarer Nähe der zivilen Bevölkerung sich die Gräueltaten abspielten. Etwas zu kurz in der Gedenkstätte sowie im Museum kommen meiner Ansicht nach die Täter, sowie die „bystanders“. Darauf angesprochen meinte der Leiter des Museums, Dr.Quatember, dass sich die Forschung auf diese Bereiche nun verschärft konzentriere. Dies wäre ein richtiger Schritt um die positive Entwicklung der letzten Jahre fortzusetzen.


copyright: Stephan Pumberger, 2006
Die KZ-Gedenkstätte in Ebensee

copyright: Stephan Pumberger, 2006
Altar auf der Gedenkstätte

copyright: Stephan Pumberger, 2006
Das Zeitgeschichtemuseum

copyright: Stephan Pumberger, 2006
Im Zeitgeschichtemuseum

copyright: Stephan Pumberger, 2006
Vor dem Eingang zum Stollen 5 der Anlage B

copyright: Stephan Pumberger, 2006
Im Stollen 5, B

copyright: Stephan Pumberger, 2006
Der "Löwengang"

Links:
Zeitgeschichte Museum Ebensee
Informationen und ein Video zum Nebenlager: Bitte auf "Ebensee" klicken

Ungarn-Aufstand 1956 auf Barbara Litsauers Blog

Ich habe in meinem Beitrag über europäische Erinnerungskultur hier auf meinem Blog die Problematik des offenbar geteilten kollektiven Gedächtnisses angesprochen.

Meine Kollegin Barbara Litsauer hat auf ihrem Blog heute eine Webseite zum Ungarn-Aufstand 1956 vorgestellt, die in diesem Zusammenhang auch von Interesse sein könnte!

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zur M4 Vorlesung

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Pumbergers Beiträge

Geschiten besser
ich fande es vorher auch viel besser.
HGH und Daniel (Gast) - Sa, 27. Okt, 00:29
Noch ein Kommentar für...
Auch ich habe in diesem Weblog regelmäßig mitgelesen...
Christa (Gast) - Do, 10. Aug, 23:53
Kommentar Schmale
Lieber Herr Pumberger, Ihre Weblogs wurden gelesen,...
Schmale - Di, 1. Aug, 16:15
das erste kommentar für...
na klar hab ich bei den anderen weblogs mitgelesen....
LaFlaca (Gast) - Di, 1. Aug, 10:54
Kommentar zur Variante...
Der letzte Beitrag muss sich natürlich mit der Vorlesung...
stephan.pumberger - So, 30. Jul, 23:23

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